Uwe Kullnick
Was war das wichtigste Kommunikationssystem der Steinzeit? Reden! Reden und Zuhören, um genauer zu sein. Dabei klammern wir mal alles Olfaktorische und Taktile des täglichen Lebens aus.
Zuhören wurde immer mehr und in allen Kulturen kultiviert. Selbst als die Schrift aufkam, war mündliche Überlieferung etwas, das immer funktionierte.
Sogar im Dunkeln und in kalten Wintern, auf dem Feld, beim Sammeln von Lebensmitteln, in Jagdpausen, auf Kriegszügen und später beim Völkerwandern, eigentlich wirklich immer wurde erzählt. So entstanden neben Mitteilungen, auch Geschichten und Jahrtausende lang wurden sie erzählt und gehört. Lange genug, um Teil unseres Erbes in Form einer, wie ich meine, genetischen Prädisposition für Erzähltes zu werden. Wir müssen nicht lernen zuzuhören. Aber wir konnten es fast verlernen.
Die Schrift brachte, allerdings erst recht spät in der Menschheitsentwicklung, eine Wendung zur gelesenen Geschichte. Wir üben diese Gepflogenheit erst seit wenigen Jahrhunderten aus. Mit Genetik ist es aber bei der menschlichen Genrationsfolge in diesem Zeitraum nichts.
Warum dieser Exkurs? Weil derzeit eine Rückbesinnung zum Hören erfolgt, und zwar in Form von Podcasts. Podcasts sind die neuen Bücher. Jeder, scheint überall und jederzeit erzählenden Bloggern zuhören zu wollen. Es ist, als hätte das ubiquitäre Steinzeithören durch gezielte Klicks auf die richtigen Gene wieder zu einem natürlichen Verhalten geführt. Die Blogger, also Leute wie ich, erfüllen diesen Wunsch und nie war diese Interaktivität so leicht und vor allem, im Wortsinn, global, zeitlos, einfach und preiswert.
Jetzt will sicher sofort eine Ja-aber-Diskussion beginnen (Hasskommentare, Trolls usw. Ich schlage vor, das machen wir ein anderes Mal.
Die Schrift, und sogar das TV-Sehen schiftet (vielleicht mit Ausnahme der riesigen visuellen Angebote von TickTock , YouTube bis zu Netflix) in Richtung der erzählten Geschichten (Beiträge). Podcast-Hören ist das neue Lesen und gleichzeitig das alte Hören. Kein Wunder, sind wir doch in der Lage uns bekannte Stimmen, aus unendlich vielen fremden Stimmen herauszukennen. Wir haben also ein Instrument, das für unsere Art gigantisch wichtig zu sein scheint. Ich schätze nur Pinguine, Gnus und Elefanten sind besser. Des Menschen aber erzählten Geschichten besser, leichter und lieber folgen als kleiner Schrift auf teurem Papier, ist doch klar, oder?
